[EV15] Bad Godesberg—Düsseldorf und ein Fazit

[EV15] Bad Godesberg—Düsseldorf und ein Fazit

Über die letzten Tage hatte ich immer wieder etwas Kontakt mit Toni und wir machten aus, den Dienstag dazu zu nutzen, ein paar Kilometer zusammen zu fahren. Also gibt es für mich kein Entkommen mehr – so ein bisschen Ehre ist da ja schon noch da und ein Absagen keine Option – und ich muss den inneren Schweinehund ignorieren, der mich darum bittet, doch einfach im Bett zu bleiben und nicht noch mal nach Bad Godesberg zu fahren, um den Rest der Strecke nach Hause fortzusetzen. Gegen 12.30 Uhr treffen wir uns also bei Godesburger, einem inklusiven Burgerladen, der mir beim letzten WRINT-HörerInnentreffen ans Herz gelegt wurde. Einen leckeren Burger später, den ich dem Pottburger in Dortmund (und natürlich den zwei großen Ketten) vorziehen würde, der es aber nicht an die Spitze schafft, geht es dann gemeinsam los, um Kilometer entlang des Rheins zu spulen.

Den Weg zum Rhein hinunter fahren wir genauso wie ich es schon zu Beginn der Tour getan habe, biegen dann aber links ab, um dem Rhein abwärts Richtung Norden zu folgen. Die ersten Kilometer krabbeln wir hinter einer Gruppe von mehreren Leuten her, bis ich mich dann doch mal zum Klingeln durchringe und wir vorbei können. Die Beschilderung für Radwege ist hier am Rhein sehr stark und es sind stellenweise Schilderbäume mit acht oder mehr Schildern zu sehen, an denen wiederum die Symbole der Themenrouten montiert sind. Ob das Gewusel an Schildern oder eine unklare Routenführung dafür verantwortlich sind, dass wir recht schnell erstmal mit einer Mischung aus Verwirrung und Ungewissheit durch die Gegend gurken, ist mir nicht ganz klar. Irgendwann sind wir aber dann doch vernünftig rechtsrheinisch unterwegs und fahren weiter.

Gegen 15.30 Uhr dann die erste Pause in einem Kölner Vorort, die direkt eine Dreiviertel Stunde andauert. Hier gibt’s eine Erfrischung in Form von Eis und Radler/Apfelschorle, danach geht es weiter. Immer mal wieder verwirren verschieden aufgestellte Schilder mit sehr unterschiedlichen Kilometerangaben bis zum nächsten Ort, auf den Eurovelo 15 (Rheinradweg) finden wir aber letztlich doch fast immer wieder zurück. Wir gurken über sehr verschiedenartig gute Radwege bis Leverkusen, wo wir die Trinkflaschen auffüllen und es zur Erfrischung noch kaltes Malzbier gibt und dann geht es weiter. Schon hier merke ich, dass mein Hintern langsam wirklich nicht mehr weiter strapaziert werden kann. Das Sitzen tut immer mehr weh und ich fahre immer öfter im Stehen.

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Nach einiger Schilder- und Routenverwirrung in Leverkusen und Köln kommen wir irgendwann in Düsseldorf an, wo wir uns nicht nur aufgrund der schon späten Uhrzeit – es war inzwischen schon nach 19 Uhr –, sondern auch der zumindest bei mir kaum noch erträglichen Schmerzen dazu entscheiden, abzubrechen und mit der Bahn zu fahren – Toni Richtung Bad Godesberg zu seinem Auto, ich nach Hause. Inzwischen ist es so schlimm geworden, dass ich nicht mehr im Sitzen fahren kann, weil der Hintern weh tut und nicht mehr im Stehen, weil die Fußballen wund sind … Nun ja. Damit endet dann meine Tour mit einer letzten Zugfahrt mit dem RE5 Richtung Heimat.

Zu vielen Bildern kam es heute nicht, daher gibt es auch nicht viel zu zeigen.

Einmal alle Fahrten von Donnerstag bis Dienstag zusammenrechnend (die hier verbloggten und die Fahrten in und um Frankfurt) komme ich auf eine Distanz von etwa 510km in 26 Stunden und einen von runtastic errechneten Kalorienverbrauch von 15’653kcal.

Bad_Godesberg_Duesseldorf_1

Fazit

Ein paar Erkenntnisse konnte ich auf der Tour immerhin schon mal sammeln:

  • Sonnencreme ist toll, Sonnencreme ist blöd. Das mehrfach tägliche Auftragen nervt und die Klebrigkeit und das Verlaufen der Creme im Gesicht beim Schwitzen ist echt ätzend. Und wie schwarz meine Arme nach einigen Stunden auf dem Rad waren, weil zig Viecher an der Sonnencreme festklebten, möchte ich gar nicht erwähnen … Wenn ich dadurch aber keinen Sonnenbrand habe – habe ich letztlich nun trotzdem, weil ich an einem der sechs Tage zu faul war –, sind mir diese Nervigkeiten aber fast egal
  • Merinowolle ist echt geiles Zeug! Zwei Tage vor Tourenantritt habe ich noch ein Icebreaker Anatomica T-Shirt aus Merinwolle und Lycra bestellt, um der Empfehlung von @scy einmal nachzugehen und bin begeistert. An den ersten beiden Tagen bei länger andauernden Höchsttemperaturen von 45° habe ich zwar so viel Salz und Schweiß verloren, dass das Shirt fast durchgehend von weißen Rändern umgeben war, es roch aber kein bisschen. Nach dem ersten Waschen habe ich das Shirt vier Tage in Folge über knapp 300km Fahrt ohne Waschgang getragen und es roch kein bisschen. Auch die Trocknungseigenschaften sind wunderbar. Ich hätte vielleicht nur ein Shirt in weiß nehmen sollen. In der Sonne war das Schwarz doch etwas aufheizend, aber es ging noch. Obwohl ich sonst L trage, habe ich das Shirt in S genommen, da es eng sitzen soll und es passt fabelhaft. Hierfür auf jeden Fall eine große Empfehlung!
  • Beim Sattel bin ich mir noch unsicher, ob die Schmerzen nun von ihm kommen oder von den ersten beiden Tagen, an denen mir die falsche Radhose den Hintern versaut hat. Da muss ich noch etwas rumprobieren. Wäre schade um die hohe Investition, da ich das Teil wohl jetzt nicht mehr umgetauscht bekomme, von daher hoffe ich, dass es so geht.
  • Das Rad ist insgesamt mit Taschen voll Gepäck zu schwer. Da muss ich noch viel reduzieren. Auch Packtaschen vorn könnten für die Gewichtsverlagerung noch sinnvoll sein, nicht nur beim Tragen des Rads.
  • Mit dem Fahrrad an sich bin ich sehr zufrieden.
  • Die untere Einhängung der Packtaschen löst sich bei harten Schlägen (Bordsteinkanten wenn zu schnell gefahren, Schlaglöcher, aufgerissener Asphalt und Bodenwellen, …) gern mal, das heißt, die Einhängung schiebt sich links (bzw. rechts) neben den Gepäckträger, wodurch die Taschen immer etwas klappern. Dafür muss ich mir noch eine Lösung ausdenken. Damit die Taschen an den oberen Haken den Gepäckträger nicht durchscheuern, habe ich mit kleinen Kabelbindern Reste eines alten aufgeschnittenen Fahrradschlauchs befestigt. Klappt bisher gut.
  • Apropos harte Schläge: Manche Radweggestalter sollten einfach mal ihre Radwege mit dem Fahrrad befahren. Was sich da bei manchen gedacht wurde, ist mir absolut unklar. Ständige Hebungen und Senkungen, an Straßen harte Bordsteinkanten, Kopfsteinpflasterabschnitte. Es ist grässlich! Da wünschte ich mir jedes Mal mein vollgefedertes Mountainbike mit wenig Luftdruck in den Reifen; mit 4,5 bar und ohne Federung sind die Wege teilweise wirklich schmerzhaft für die Handgelenke und den ohnehin geschundenen Hintern, besonders, wenn Radwegschäden oder einfach schlechte Bauweise unvorhergesehen aufs Rad einschlagen.
  • Ein leichtes Handtuch, das schnell trocknet fehlt noch. Ich habe jetzt einfach ein normales großes Badehandtuch mitgenommen, das doch recht schwer ist und vor allem ewig zum Trocknen braucht.
  • Meine Reiseapotheke ist noch viel zu winzig (bis auf Pflaster hatte ich nichts mit). Hier sollten mindestens noch Kopfschmerztabletten, was gegen Magenbeschwerden und Durchfall sowie Wund- und Heilsalbe rein.
  • Mein Packkonzept ist noch nicht ideal. Viel zu oft habe ich die Hälfte der einen Tasche ausleeren müssen, um an etwas ranzukommen, das ich gerade brauchte. Lag teilweise aber auch daran, das Dinge – zum Beispiel das aufzeichnende Handy – runterrutschten.
  • Das Fahrradschloss ist zu schwer und groß.
    • Beim Einkaufen im Supermarkt habe ich das Rad oftmals sogar einfach unabgeschlossen stehen gelassen und darauf vertraut, dass niemand das Rad mit dem ganzen Geraffel dran mitnimmt. Das Aufzeichne-Handy habe ich sogar drin gelassen, damit ich notfalls tracken kann.
  • Ich brauche noch etwas zum Kleidung und Geschirr waschen.
    • Weniger Kleidung reicht dadurch auch aus und verringert Packmaß und Gewicht noch mal. Mir doch egal, ob ich tagelang dasselbe anhabe.
  • Es fehlt noch ein wasserdichter Packsack für den Schlafsack, da ich den auf dem Gepäckträger geschnallt transportiere und der jetzige diese Funktion nicht erfüllt.
  • Kettenfett vergessen.
  • Ein kleines Kissen ist echt Gold wert. Zumindest bei meiner Art zu schlafen. Hummingbird Compressible Pillow, Samstag von @_tomalak geschenkt bekommen. Großartiges Teil und sehr empfehlenswert. Bringt noch mal etwas Gewicht drauf, ist es mir aber wert.

Packliste – das hatte ich mit

Linke Tasche:

  • Zelt (ohne Stangen und Heringe) benutzt
  • Isomatte benutzt
  • Spirituskocher benutzt
  • 100ml Brennspiritus nicht benutzt
  • Streichholzpackung benutzt
  • Packung Spaghetti nicht benutzt
  • 5 Minuten Asia-Nudeln benutzt
  • 5 Minuten Asia-Suppe nicht benutzt

Rechte Tasche:

  • Großes Handtuch benutzt
  • Badehose benutzt
  • 7 Paar Socken benutzt
  • 3 Paar Unterhosen benutzt
  • 2 normale T-Shirts benutzt
  • 1 Fahrradtrikot benutzt
  • Gepolsterte Radhose benutzt
  • Kindle benutzt
  • Handy zum Aufzeichnen benutzt
  • Bügelschloss und Schlüssel benutzt
  • Kopfhörer nicht benutzt
  • 14’400mAh Powerbank benutzt
  • Micro-USB und Lightning-Kabel benutzt
  • 2A USB-Steckerladegerät benutzt
  • Regenjacke benutzt
  • Kulturbeutel
    • Zahnpasta benutzt
    • Zahnbürste benutzt
    • Duschgel/Shampoo benutzt
    • LSF50 Spray benutzt
    • LSF50 Creme fürs Gesicht benutzt
    • Anti-Röte Creme nach Sonnenbrand benutzt
  • Werkzeugbeutel
    • Taschenmesser nicht benutzt
    • Inbus-Set 2mm bis 10mm 5mm einmal benutzt
    • Ersatzschlauch nicht benutzt
    • Flickenset mit Reifenheber nicht benutzt
  • Kissen (siehe oben; erst ab Samstag) benutzt
  • Portemonnaie benutzt
  • Einkäufe (süße Getränke, Schnuckerkram, …) die während der Tour anfielen

Ansonsten am Rad:

  • Zeltstangen und Heringe sowie Schlafsack auf dem Gepäckträger
  • Zwei Plastikwasserflaschen in Halterungen am Rahmen
  • Luftpumpe am Rahmen

Am Körper (zusätzlich zu dem, was in der rechten Tasche war):

  • Unterhose
  • Radhose (ohne Polster)
  • Merinowolle-Unterhemd
  • (manchmal, je nach Wärme) Fahrradtrikot
  • Handy für Photos und zur Kommunikation
  • Fahrradhandschuhe
  • Sonnenbrille
  • Helm

3 Replies to “[EV15] Bad Godesberg—Düsseldorf und ein Fazit”

  1. Spannend zu sehen, wie systematisch du an das ganze Unterfangen herangehst. Ich für meinen Teil bin da ein weniger planvoll, aber wohl etwas intuitiver herangegangen (und ich hatte erfahrene Begleitung auf meiner ersten längeren Tour). Damals waren es zwei Wochen in den Niederlanden, und die Räder waren voll; im Prinzip mache ich daher seitdem nichts anderes als reduzieren.

    Klamotten kann man waschen, zumal ich sie eh nur abends zum Erkunden brauchte; auf dem Rad ist Funktionswäsche eh besser. Also: weg damit! Kulturbeutelgedöns muss nicht Wochen halten, da reichten mir kleine Flaschen und Tuben. Handtücher gibt es schöne aus Mikrofaser, gleichwohl sie eine … interessante … Haptik haben. Dafür trocknen sie mich aber sehr gut und selbst auf dem Gepäckträger ganz obenauf sehr schnell.

    Anders als du fahre ich aber wohl mit weniger Technik. Ein Smartphone zum Aufzeichnen samt nötigem, aber lästigem Kabelsalat und zusätzlicher Powerbank (bald dann nur noch USB-Kabel und Solar-Powerbank) ist neben der DSLR fast mein einziger Luxus. Unterwegs lese ich nicht und höre auch keine Musik, sondern habe nur mich und die Aussicht und meine Gedanken. Der wirklich große Luxus sind mein Notizbuch und mein Füller.
    Wenn ich nicht, wie zuletzt geschehen, unterwegs noch mehrere Liter Craftbier transportiere, hätte ich auch noch Platz für nen Campingkocher, aber den Schritt habe ich noch vor mir.

    Was deinen Hintern betrifft: das Elend ereilte mich bei meiner ersten Tour auch, jedenfalls so irgendwie. Mir half es, einfach mal eine kurze Etappe einzulegen, danach ging es wieder. Seitdem habe ich keine Beschwerden mehr. (Andererseits habe ich einen Pferdemagen und bin auch sonst sensibel wie eine Dampfwalze.) Wundsalbe ist aber nie verkehrt.

    In diesem Sinne viel Erfolg beim Optimieren und viel Spaß auf den nächsten Kilometern.

    Hendryk

    1. Ich wollte eben schon von vornherein etwas reduzieren können, werde das aber wie du – und viele andere Reiseradler vor mir schon – auch noch im Laufe der nächsten Touren weiter tun.

      Problem beim Kulturbeutelgedöns: Ich kann zwar am Anfang kleine Flaschen mitnehmen, beim Nachkaufen bin ich aber dann auf das Angebot der lokalen Händler angewiesen. Dürfte hier in Deutschland kein Problem sein, da Drogerie- und Supermärkte kleine Versionen der Flaschen und Tuben anbieten, ich weiß aber nicht, wie da die Verbreitung auf dem Weg zum Nordkap sein wird.
      Stimmt, die Handtücher fühlen sich tatsächlich sehr ungewohnt an. Fast mehr so wie Putzlappen. Aber mit Tupfen statt Reiben geht es ganz gut, habe ich bei einem Test am Wochenende feststellen können.

      Naja, so viel weniger Technik ist das ja nun auch nicht. ;) Die DSLR wiegt zudem – selbst wenn es eine kleine ist – ungefähr so viel wie Kindle, Kopfhörer und mindestens eins, wenn nicht beide Handys zusammen. Beim Aufladen muss ich noch schauen, ob ich auch auf Solar zurückgreife oder mir eine Nabendynamo-Lösung aussuche. Die momentane Powerbank würde ich aus Gewichtsgründen – es ist ein altes Modell und sackschwer – eher ungern mitnehmen.

      Ja, ich habe da vielleicht etwas übertrieben. Neben Rad am Ring habe ich in den Wochen bis Monaten zuvor nicht mal annähernd genug Zeit auf dem Rad verbracht, um eine solche Belastung in sechs aufeinanderfolgenden Tagen auf meinen Körper einprasseln zu lassen. Das lehrt mich aber auch schon, dass ich in der Zeit bis April öfter mal kleinere Touren (bis 60km) am Tag in meinen Wochenrhythmus einplanen sollte, um Hintern und den Bereich drumrum langsam daran zu gewöhnen, dass das bald drei Monate lang so sein wird.

      Danke! :)

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