Tag 8 – Usken—Sellnäs
Den heutigen Morgen lasse ich ruhig angehen, entscheide ich und schalte den Wecker aus, der erst in ein paar Minuten klingeln wird. Trotz Verdunklung wache ich wie schon an den Tagen zuvor durch die Sonne auf und habe noch jede Menge Zeit, denn bei Sonnenaufgang ist es hier oben derzeit nicht mal fünf Uhr.
Ich döse noch ein bisschen weiter und entscheide mich irgendwann zu Frühstück am Ser. Vorher noch alles aus dem Zelt rausgelegt, sodass es in der Sonne trocknen kann und runter geht’s. Zu Vogelgezwitscher und dem leicht platschenden Geräusch, das gelegentliche Wellen beim Schlagen an den Steg machen, mampfe ich so vor mich hin und lese ein paar Seiten von Maoris Buch über seine Jakobswegwanderung vor sieben Jahren.
Am Vortag habe ich die Rezeption geschlossen vorgefunden, daran ein Schild, dass sie von 11-17 Uhr geöffnet sei, darunter eine Telefonnummer. Gestern hatte ich dort niemanden erreicht, also versuche ich es gegen 1000 noch einmal und diesmal meldet sich tatsächlich jemand. Ich solle 100SEK irgendwo deponieren und ihr über die Stelle Auskunft geben. Erneut kann ich nicht mit Bargeld dienen – vielleicht sollte ich mir demnächst mal eine kleine Reserve abholen? –, also schlage ich vor, dass sie mir ihre Kontodaten per E-Mail sendet. Damit war sie einverstanden. Guter Service!
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Danach reise ich ab. Was auf geteerter Straße beginnt, geht bald in Schotterwege über. Ein Dickicht aus Auf und Ab, gepaart mit jeder Menge Einsamkeit, einigen Seen und Staub.
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Bald betrete ich Malingsbo–Kloten, ein riesiges Naturreservat in dem die idyllischen Seen nur so wimmeln. Es scheint als gehöre jeder Parkplatz genau einem Wohnmobil das dort steht. Völlige Stille – Vögel und Wassergeplätscher ausgenommen –, moosbewachsene Steine, kleine Hütten direkt am Wasser, davor Feuerstellen. Es ist traumhaft.
Für mich als Radfahrer sind die vielen Höhenmeter auf oft Schotterwegen etwas schwierig zu bewältigen, aber die Landschaft macht es immer wieder wett.
Erste größere Funklöcher schneiden mich vom Livetracking ab und sind wahrscheinlich ein Anzeichen dafür, wie es weiter im Norden öfter sein wird – hier ist aber stellenweise auch einfach nichts!
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Bei Kilometer 80 entscheide ich mich, langsam mal einen Schlafplatz zu suchen, kann aber nichts finden, das meinen Ansprüchen genügt, denn oft ist die Miete zu hoch: Zu weicher Boden, zu harter Boden, zu viele Mücken oder sonstiges Getier, zu viele Wildspuren, … Also strample und strample ich, Kilometer um Kilometer, im Kopf ständig and I would walk five-hundred miles and I would walk five-hundred more im Kopf.
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Irgendwann komme ich an einem Punkt an, an dem ich denke: Je weiter du heute fährst, desto kürzer ist morgen der Weg zum Flugplatz! Und so stehen am Ende beinahe 117km auf dem Tacho und ich bin noch vor Sonnenuntergang um etwa 19 Uhr in Sellnäs bei Borlänge angekommen.
Der Platz ist etwas merkwürdig. Der Ausschilderung und dem Rettungsring nach wohl einmal ein Badeplatz, der aber momentan eher nach siffigem halbleerem Tümpel aussieht. Entsprechend ist auch hier die Dichte an Insekten etwas höher, aber das ist mir egal. Ich komme mit zwei Mückenstichen davon, trotz kurzer Hose und T-Shirt beim Zeltaufbau.
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Der Platz ist unmittelbar an meiner Straße und sogar meiner Route gelegen und damit zwar einsehbarer als mir lieb wäre, dafür aber auch quasi umweglos. Samstagabend herrscht wenig Verkehr, also kann ich bald einschlafen.
One Reply to “Tag 8 – Usken—Sellnäs”
Hi Patrick!
Leider komme ich nicht jeden Tag einzeln zum Lesen Deiner Tageserlebnisse, dafür habe ich heute mal am Stück die letzten Tage nachgelesen!
Ich finde es ganz großartig, dass Du Dir so ein Abenteuer fernab der üblichen Zivilisation vorgenommen hast und freue mich für Dich, dass das Wetter auch so gut mitspielt! Ich kann mir vorstellen, dass während des unmittelbaren Erlebens mancher Augenblick, manches Vorkommnis auch mal nervig und ärgerlich sein wird, doch insgesamt bescherst Du Dir ja eine wirklich unvergessliche Zeit! Genieße sie weiter und ich drücke Dir feste beide Daumen, dass auch weiterhin alles gut läuft!
Ich fiebere jedenfalls fleißig mit Dir!
Viele Grüße
Jochen
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