Tag 15 – Noraström—Gullvik
Ich wache auf. Das Zeltinnere ist in diffuses Licht getaucht und noch vor dem Rausgehen merke ich, dass dort draußen sicher nicht der bisher gewohnte blaue Himmel mit strahlender Sonne auf mich wartet. Das Umziehen und einpacken der Sachen im Zeltinneren dauert heute länger als bisher; ich lasse mir viel Zeit. Während ich noch im Zelt sitze, höre ich, wie sich Schritte nähern. Was mag jemand hier am Rande des Felds zu suchen haben? Die Schritte halten inne, ich genauso. Wenige Sekunden später geht die Person draußen wieder den Weg zurück Richtung Straße. Ich verlasse das Zelt erst als ich hören kann, wie ein Auto sich entfernt hat. Wer die Person war und was sie getan hat, werde ich wohl nie erfahren.
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Um halb zehn breche ich nach kurzem Frühstück auf. Es ist kalt und windig und ich trage erstmalig nach Verlassen der Fähre in Trelleborg meine Regenjacke. Das Thermometer zeigt 7°. Obwohl es auf der Karte so nah zur Küste aussieht, fahre ich durchgehend durchs Hinterland, vorbei an Seen und kantig-felsigen Bergen. Natürlich sind auch die Bäume nicht weit. So langsam entwickelt sich ein Tunnelblick bei mir und ich bin oft nur noch auf die Straße fixiert. Zu verwöhnt bin ich von den bisherigen Landschaften als dass ich hier noch ständig anhalten und Photos aufnehmen würde.
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Der Weg kostet Kraft und neben dem Wind habe ich erneut gegen Höhenmeter anzukämpfen. Nachdem ich gestern auf die E4 verzichtet habe, entscheide ich mich heute für sie, da sie mir fast 7km höhenreicher Hinterlandstraßen erspart. Auch hier geht es teils nur langsam voran, denn auch diese Kraftstraße ist von Erhebungen durch Berge nicht ausgenommen.
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Erstmals treffe ich auf das gefürchtete 2+1-Straßenmodell. Hierbei gibt es insgesamt drei Spuren, wobei sich alle paar hundert Meter abwechselt, in welcher Fahrrichtung zwei bzw. eine Spur sind. Die Gefahr besteht hier dadurch, dass überholende Fahrzeuge nicht mehr vorsichtig weit links auf der entferntesten Spur überholen können, sondern gezwungen sind, mich auf der einen Vorhandenen zu passieren. An diesem Samstagmittag ist die Straße aber nur wenig befahren und der Randstreifen breit genug für mich, sodass es geht.
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Als stärkerer Wind aufzieht und es leicht zu regnen beginnt, komme ich gerade an einem See vorbei, an dessen Ufer sich eine kleine Unterschlupfhütte für Fischer mit Feuerstelle davor befindet. Hierin finde ich etwas Schutz vor der Witterung und kann mir in Ruhe eine Dosenerbsensuppe einverleiben und einige Zeit später gesättigt weiterfahren.
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In Domsjö hadere ich lang mit mir, ob ich den Weg an die Küste auf mich nehmen soll oder nicht, denn laut Karte bedeutet das einen Umweg von 15km. Pro Strecke. Nach einiger Grübelei fahre ich dann tatsächlich Richtung Gullvik. Zunächst komme ich dabei an einer sehr unangenehm nach Schwefel riechenden Fabrik vorbei. Ein Sägewerk wenige hundert Meter weiter gleicht den Geruch glücklicherweise schnell aus und verströmt den Geruch von Sägemehl und Holz.
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Weiter durch die graue Brühe geht es durch ein Forstgebiet, bis ich schließlich an einem Campingplatz angelange. Kurz die Preise auf deren Internetseite überprüft, entscheide ich mich schnell dagegen, dort mein Nachtlager aufzuschlagen – ich zahle nur für ein Zelt und mich in der Nebensaison sicher keine 22€ für eine Nacht. Das ist mir eine warme Dusche (noch) nicht wert. Also geht es weiter die Straße entlang, die kurz nach dem Campingplatz einer Schotterpiste weicht.
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Ich passiere zahlreiche sehr gläserne und für das bisher gesehene fast untypische Häuser, die direkten Blick aufs Wasser und die Inseln im Meer haben und komme schließlich an einem Sandstrand an, wobei der Sandteil nur wenige Meter tief ist und danach von einer 20m tiefen Bahn großer Steine gesäumt ist, die es zum Wasser zu überwinden gilt.
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Trotz des zugezogenen Himmels ist es hier sehr schön und ich beginne um kurz nach Acht damit, mein Zelt knapp oberhalb des Sands aufzustellen. Im Südwesten kann ich unter der grauen Wolkendecke Anfänge des Sonnenuntergangs durchschimmern sehen und der Horizont sowie das Meer leuchten in gelb-orangenen Tönen. Wegen der Kälte verziehe ich mich aber bald ins Zelt und schlafe zu leichtem Wellengeplätscher, Gekreische der Möwen und kleinen Regentropfen auf meinem Zelt bald ein.
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Nachdem ich die Küste – oder Teile davon – zuletzt auf der Högakustenbrücke gesehen habe und dazwischen leider gar nicht, hat sich dieser Umweg sehr gelohnt. Für die Region eignen sich vermutlich Wanderstiefel in Verbindung mit einem Auto zur Überbrückung größerer Passagen sehr gut; mit dem Fahrrad ist es zu mühsam, die Küste durchgehend sinnvoll und schön zu erleben.
2 Replies to “Tag 15 – Noraström—Gullvik”
Hallo Patrick,
haben viele Orte, von denen du schreibst teilweise mit Fahrrädern oder mit Kombination Wohnmobil/ Fahrrad besucht.
Viele Grüße und weiterhin gute Fahrt!
David.
Hollo Patty. Wir freuen uns jeden Tag auf Deine spannenden Berichte, so fühlen wir uns mit Dir verbunden. Das Du Dei Tiefpunkt überwunden hast , Hut ab !!!!! Nun hast Du ja schon über die hälfte Deiner Tour geschafft , und das Siegerfoto am Kap ist bald zum greifen nahe. Weiter so ,höre auf Deinen Körper und nimm Dir wenn es nötig ist ein paar Ruhepausen.Pass auf Dich auf bis zum nächsten Mal . Sei gedrückt und liebe Grüße O&O
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