Tag 18 – Robertsfors—Kåge
Mitten in der Nacht wache ich auf – Regentropfen auf meinem Zeltdach. Plitsch, platsch, plitschplatsch. Eine Mischung aus Genervtheit wegen des nass einzupackenden Zeltes gepaart mit tiefer Beruhigung ob des Geräuschs durchfährt mich. Plitschplatschplitsch.
Der Wecker klingelt. Eigentlich unnötigerweise, denn seit einigen Tagen wache ich ohnehin um spätestens sechs Uhr dreißig auf, aber zur Sicherheit ist das besser. Sicherheit? Wovor eigentlich? Die selbst gesteckte Deadline, obwohl verschiebbar, hängt dauerhaft über mir. Ich gönne mir keinen Ruhetag, stehe früh auf, um viel zu schaffen, schreibe darüber. Nur nicht heute. Wecker auf 7.30 Uhr gestellt und noch weitergedöst. Auch das nächste Klingeln drücke ich dann noch ein paar mal weg, bis mich um acht Uhr der Hunger aus dem Bett treibt. Aus den sechs Mücken, die vorige Nacht meinen Eingang bewachten, sind zwei geworden. Die Befürchtung, eine siebte könnte sich gestern doch noch in mein Zelt verirrt haben, blieb zum Glück unbegründet.
Der nächtliche Regen war nur eine kurze Episode, obgleich die Wolken über mir bedrohliches verkünden. Eine Melange aus dunkelgrau-schwarzen Monstern, am Horizont im Süden blauer Himmel. Das Zelt kann ich trocken einpacken und nach einem kurzen Frühstück aufbrechen.
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In der nächsten Stadt, die nur wenige Kilometer entfernt ist, betrete ich den örtlichen ICA mit dem Plan, nur Trinkjoghurt zu kaufen. Auf magische Weise, beinahe von Geisterhand, landen aber auch vier Berliner, Kaugummi und mangels Alternativen ein viel zu großes Zehnerpack Taschentücher auf dem Band. Meine Nase wird noch viele Marathons laufen müssen, damit die vor Abflug leer werden!
Die Berliner, stellt sich heraus, sind nicht mit Marmelade gefüllt, sondern mit noch gefrorener Irgendwasfüllung, die nach Vanille schmeckt. Egal. Zucker, Teig, passtscho. Wenige Minuten darauf sind bis auf die Kaugummis dann auch alle essbaren Einkäufe eingeatmet und es geht weiter.
Schnell ändert sich die Wegbeschaffenheit und ich treffe auf die geliebten Schotterpisten. Wie schon gestern präsentiert sich hier wieder eine neue Form: Lehmiger Klebeboden, der mich ständig auf die Reifen schauen lässt, in der Angst, ich hätte mir einen Platten eingefangen. Weil das nicht reicht, gesellen sich noch Gegenwind, Bodenwellen und Traktorspuren und später auch Regen dazu. Wie Irgendlink gestern sagte: Der Nordkapradler kennt 100 Wörter für Schotterpiste.
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Auf einem der zahlreichen Hochsitze entlang der Strecken durch den Wald schaufle ich eine angeblich für vier Personen ausreichende Fleischsuppe in mich rein. Vier Personen. Haha. Ich habe das Gefühl, meine Waden saugen bereits die Hälfte der Portion für sich ab!
Kurz nach Weiterfahrt beginnt der erste Regenschauer meiner Tour. Nach 18 Tagen! Allerdings brauche ich fürs Rausholen und Anziehen der Regenjacke beinahe länger als der Schauer lang ist; die Regenhose ziehe ich gar nicht erst an. Fünf Minuten später kann meine leicht feuchte Hose dann auch schon in der wiederkehrenden Sonne trocknen. Eine kurze Episode.
Nach einiger Zeit der Einöde, knapp 35km durchs Nichts dürften es gewesen sein, erreiche ich Skellefteå. Nach Umeå eine weitere etwas größere Stadt, die sogar über eine Fußgängerzone mit Einkaufsmeile verfügt. Ein seltener Anblick. Anscheinend gibt es hier auch eine Universität oder eine Partnerschaft mit Umeå. Ein Café, das Waffeln und Pfannkuchen bewirbt, schließt leider in wenigen Minuten. Die nächsten Zwei, die ich finde, sind es schon. Etwas hungrig und nach Waffeln dürstend sitze ich dann letztlich doch bei Subway und inhaliere in wenigen Minuten ein footlong Sub des Tages. Wie Menschen von weniger satt werden, ist mir ein Rätsel!
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Auf dem weiteren Weg denke ich über eine Möglichkeit nach, wie ich meine etwas leeren Wasserflaschen auffülle. Ein noch offenes Café, in dem ich nachfragen möchte, gefällt mir dann von der Atmosphäre her so gut, dass ich direkt bleibe. Es ist ein kleines Gamercafé mit Dekoration in Acht-Bit-Optik und Spielekonsolen, Automaten, Brettspielen und fairen Preisen. Ich bleibe für einen Banane-Blaubeer-Smoothie, fülle meine Flaschen auf und fahre weiter. Nicht mehr lang allerdings, denn kurz nach Kåge schlage ich mein Nachtlager am Rande eines Feldes auf. Dass ich Podcasts hörte, als ich den Ort aussuchte, war vielleicht etwas ungünstig. Und auch, dass ich das beim Zeltaufbau noch getan habe. Denn dadurch habe ich kein bisschen mitbekommen, wie laut die nahe E4 ist. Naja. Ich bin eh meist müde genug und habe einen tiefen Schlaf, um das ignorieren zu können.
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