Tag 34 – Olderfjord (Ruhetag)
Nach allerhand Bewegungsunlust im Zelt und etwas Lesen entscheide ich mich dazu, einfach noch einen Tag zu bleiben. Als ich die Rezeptionistin nach einer Einkaufsmöglichkeit wie einem Coop oder so was frage, lacht sie mich etwas aus. Ich habe die Größe der Ortschaft hier wohl etwas überschätzt. Es gebe aber einen kleinen Einkaufsladen hinter einer Tankstelle, der von 10-18 Uhr geöffnet habe.
Als ich um einiges ärmer, aber mit Ginger Beer, Chips und Schokolade sowie anderem Essenskram wiederkomme, sitzt auf einer Bank ein Schweizer, den ich an der Flagge an seinem Radanhänger erkenne. Er hatte beim Wetter weniger Glück und das Kap am Nebeltag erwischt. Ärgerlich! Er erklärt mir, dass er aus Fribourg im französischen Teil der Schweiz komme und seinem Akzent ist anzumerken, dass Französisch eher seine Muttersprache ist. Er hat für heute schon einige Kilometer hinter sich und wird hier auch über Nacht bleiben. Als er an der Rezeption nach Übernachtungsmöglichkeiten fragt, stelle ich fest, dass die Rezeptionistin auch Deutsch spricht. Um nicht wie ein Tourist zu wirken, der immer davon ausgeht, dass alle Deutsch sprechen müssten, spreche ich alle erstmal auf Englisch an und finde daher wahrscheinlich sehr oft nie heraus, dass mein Gegenüber auch meine Muttersprache beherrschen würde.
Etwas später am Nachmittag, ich habe es mir schon mit Kartoffelsalat, Buch und Kakao im Aufenthaltsraum gemütlich gemacht, stoßen noch zwei Nordlichter dazu. Der eine aus Hamburg, der andere aus Mecklenburg. Sie sind noch auf dem Weg zum Kap und ebenfalls in Trelleborg losgefahren, nur sechs Tage später als ich. Zu viert unterhalten wir uns eine ganze Weile und sitzen noch bis spät am Abend zusammen. Es geht um Reiseziele, Freizeitgestaltung, Berufe, Ausrüstung, Campingplätze und die mit der Zeit kommende höhere Wertschätzung von Luxus gegenüber dem Geldsparen.
Der Fribourger hat für diese Reise seinen Job gekündigt und wird von hier aus nun langsam noch Stockholm aufbrechen und von dort aus nach einiger Zeit nach Island fliegen. Er brauchte einfach etwas Zeit für sich und ich finde es großartig, in welcher Form er sich die nimmt!
Die beiden Nordmenschen haben bloß unbezahlten Urlaub genommen. Da sie beide schon lange zusammen Fahrradtouren unternehmen, stand der Nordkapptrip als ultimativer Abschluss schon lange auf der Agenda der beiden. Dadurch sprechen wir auch über die Vor- und Nachteile des Allein- und Zuzweitreisens.
Die zwei Deutschen erzählen mir von einigen, die sie auf dem Weg trafen und auch von einem 19-Jährigen, der es gemütlicher angehen lasse und teilweise einfach den nächsten Campingplatz mitnimmt, der ihm auf dem Weg vor die Füße fällt. Umso erstaunter sind wir, als eben jener am Abend gegen 21 Uhr auf dem Campingplatz auftaucht und von einer Tagesleistung von 180km berichtet, nachdem mir die beiden etwas von teilweise 30-60 erzählt hatten. Da er müde ist und bald sein Zelt aufbaut, bekomme ich von ihm nicht mehr allzu viel mit.
Für ein flapsiges komm du erstmal in mein Alter, als er eine äußerst dünne und bedeutend kleinere Isomatte auspackt, reicht es aber noch.
Auf Couchsurfing habe ich inzwischen eine Antwort erhalten und kann bei jemandem von Montag bis Mittwoch unterkommen. Für den Zeitraum von Freitagabend bis Montagmorgen werde ich mir dann wahrscheinlich einen Zeltplatz in Alta suchen oder vielleicht sogar mein letztes Geld in Hütten und AirBnB-Häuser investieren. Aber das wird sich dann zeigen.
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