Tag 25 – Muonio—Enontekiö

Tag 25 – Muonio—Enontekiö

Gestern für die Nacht hier einzukehren war eine gute Entscheidung. Zelten macht mir Spaß und die Nähe zur Natur und die Stille sind unvergleichlich, bei nasskalter Umgebung ist so ein warmes Zimmer aber Gold wert – oder in dem Fall eben 45€. Eben konnte ich fabelhaft ausgeruht aufwachen, noch einmal duschen, um die Zeit bis zum nächsten Mal so kurz wie möglich zu halten, und mir eine doppelte Portion Haferflocken einverleiben.

Die ganze Nacht über ist der Sand an Reifen und Rahmen auf den Boden gerieselt und ich bin sehr froh, die Zeltunterlage unter das Rad gelegt zu haben, wodurch sich der Aufräumaufwand auf ein Minimum reduziert. Bei der Schlüsselabgabe frage ich die Rezeptionistin noch, wo ich Spiritus für meinen Kocher kriegen kann, merke aber schon an ihrem Gesichtsausdruck und der Zeit, die sie für eine Antwort benötigt, dass das wohl nichts wird, also bedanke ich mich dennoch und verschwinde zum nächsten Supermarkt.

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Neben Lakritz und Schokolade für den Tag frage ich nach Spiritus und werde von der einzigen Kassiererin durch den halben Laden geführt, obwohl gerade drei Kunden anstehen. Spiritus gibt es wie in Schweden leider nur in der Einliterflasche, die ich bis zum Abflug auf keinen Fall geleert bekommen werde, aber was soll ich tun. Beinahe an der Kasse als nächster dran kommt eine andere Mitarbeiterin schnell auf mich zu gelaufen und drückt mir eine andere Spiritusflasche in die Hand. Meine von der Kassiererin empfohlene Erstwahl würde zwar funktionieren, das andere Produkt sorge aber für weniger Ruß. Was ein Service!

Bei etwas nassforschem Wetter starte ich dann. Bis zum Anknüpfpunkt an meine Ursprungsroute, die ich die Tage in Överkalix verlassen habe, sind es nur noch 50km. Trotz dramatisch aussehender Wolken bleibt es trocken, besonders bei verdeckter Sonne ist es aber spürbar kalt. Die erste Tageshälfte habe ich dem bewussten Wahrnehmen meiner Umgebung verschrieben und so fahre ich ohne Kopfhörer mit umherschweifenden Gedanken die Strecke ab. Reifensurren, Vogelgezwitscher, gelegentlich Rentiere, die entweder vor irgendwas weglaufen oder einfach so ihr Territorium entlang flanieren. An einem Punkt überholt mich ein Quad. Darauf eine der Weisheit in ihren Augen und der Zeichnung der Gesichtszüge nach etwa siebzigjährige Dame mit Fahrradhelm und Blümchenjacke und mein Tag ist sofort gerettet.

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An der Abbiegestelle zu meiner Ursprungsroute rolle ich an einem Rastplatz zum Fluss hinunter und koche mir Ramennudeln mit Chicken flavour auf. Ich möchte wirklich nicht wissen, was genau ich mir da in Form der beiliegenden Gewürzpackungen genau ins Nudelwasser mische. Sei’s drum. Ich werde satt und es schmeckt auch gar nicht mal so schlecht.
Beim Geschirrspülen werfe ich die Gedanken an eventuell fragile Umwelt für einen Moment über Bord und spüle direkt im Fluss – zuvor hatte ich mir immer nur das Wasser aus Gewässern geholt und weit abseits gespült und die Plörre ausgekippt, aber heute ist mir die Alternative deutlich attraktiver.
Zum Nachtisch probiere ich eine der gekauften Schokoladen, konkret die New York Variante aus dem Travelsortiment des finnischen Herstellers Karl Fazer. Es handelt sich bei dieser Variante um eine Milchschokolade mit Eiskaffee-Schlammkuchengeschmack und sie ist großartig. Wäre die Mitnahme großer Mengen auf dem Rad und später dem Flieger nicht so schwierig zu bewerkstelligen, wäre das ganze ein böses Unterfangen für mein Portemonnaie.

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Nach der Pause geht es immer wieder geschlängelt durch die Landschaft. Mal hoch und runter, mal links und rechts; die Straße windet sich durchs Land. Am Himmel ziehen dunkle Wolken auf, die mir etwas Sorgen bereiten, aber auch jetzt bleibt es trocken.
Entlang des Wegs treffe ich auf einen Laden, der auf einem Schild mit Souvenirs und Kaffee+Donut für nur 50ct wirbt. Darin findet sich allerhand nützlicher und unnützer Krimskrams und es ist brütend heiß. Die Wände sind voll mit ausgestopften Tieren, vermutlich alle aus der Region. Rentiere, Elche, Füchse, der Laden vollgestellt mit Kleiderständern und Regalen für Fellmäntel, feste warme Schuhe, Handschuhe. Hier ist viel auf sehr kalte Winter ausgelegt.
Nach einem Kakao und dem Kauf eines Pins, die mich zusammen 3€ kosten, ziehe ich dann aber weiter. Die Mitarbeiter waren sehr wortkarg und gaben mir keinen allzu großen Anlass dazu, länger zu verweilen.

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In der Nähe des Flughafens Enontekiön Lentoasema suche und finde ich einen Geocache und sehe mich ein wenig um. Der Flughafen wirkt recht brach liegend und es scheint gerade nicht wirklich irgendetwas geöffnet oder besetzt zu sein.

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Trotz der Schönheit, die so einige Landstriche hier oben zu bieten haben frage ich mich, was das wohl für Menschen sind, die hier oben so leben und vor allem, wie sie leben. Die nächste größere Stadt wahrscheinlich hunderte Kilometer entfernt und auch einfache Einkaufsmöglichkeiten liegen teilweise 50, 80 oder gar über 100km auseinander. Zahlreiche Schilder entlang der gerade recht morastigen Landschaft weisen auf Verkehrsregeln für Schneemobile hin und ich versuche, mir vorzustellen, wie es wohl sein mag, im Nichts zwischen recht klein gewachsenen Tannen und rundum umgeben von Schnee durch die Ländereien zu düsen. Als Stadtkind kann ich mir das Leben hier oben absolut nicht vorstellen und rätsle seit einiger Zeit beinahe täglich.

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Leider werden mir seit dieser Tour Hunde immer unsympathischer: Es scheint seit Mittelschweden aufwärts ein Trend bei den Landbewohnern zu sein, sich meist recht stattliche Hunde zu halten, die ein augenscheinlich tristes Dasein in 3*5*2 Meter großen Käfigen auf dem Hof der Landsitze fristen. Jedes Mal, wenn ich auch nur in Sichtweite einer dieser Höfe komme, weil eine Straße unweigerlich daran vorbeiführt, beginnt ein Riesenradau durch Gebell, meist sogar noch orchestriert von Hunden auf umliegenden Höfen. Radfahrer – oder vielleicht auch nur ich – scheinen auf einige der Tiere hier so ungewohnt zu wirken, dass ich schon zwei Radfahrer beinahe stürzen sah, weil die an der Leine geführten Hunde plötzlich auf mich zurennen wollten und kräftig an der Leine gezogen haben.
Indes gucken bislang alle Katzen nur in meine Richtung, aber geben Ruhe.

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Durch die sumpfig-morastige Landschaft sehe ich kaum Möglichkeiten, mein Zelt aufzuschlagen und nutze daher die erstbeste Gelegenheit, die sich nach Hetta bietet. Eigentlich wollte ich dort auch noch einen Kakao trinken, alles Café-artige hat aber entweder gerade eben erst oder generell geschlossen, also fahre ich nach kurzem Einkauf gesunder Dinge – Cider, Chips, fettiges Gebäck – weiter, ohne Plan, wie weit es mich heute wohl treiben wird.

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Heute ist die letzte Nacht in Finnland, denn morgen erreiche ich nach ein paar Kilometern bereits Norwegen und bin dann im Zielland angekommen. Viel zu früh, denn bis zum Abflug sind noch mehr als zwei Wochen Zeit und zum Kap nur noch 460km verbleibend und selbst mit der Fahrt nach Alta sind es nur noch 700km. Langsamer fahren kann ich aber nicht, denn ansonsten nerve ich mich selbst, also werde ich einfach mal schauen, wie und wo ich mir in den kommenden Tagen die Zeit vertreibe.

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Beim Schreiben des Beitrags war ich recht müde, deswegen ist das alles etwas unsauber geschrieben.

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